Vereinbarkeit von Pflege und Beruf: Wie Arbeitnehmer von der Familienpflegezeit profitieren können

#Familienpflegezeit

Tritt innerhalb der Familie ein Pflegefall auf, stellt das Angehörige nicht nur emotional, sondern auch organisatorisch vor große Herausforderungen. Um die Pflegebedürftigen nicht aus dem gewohnten Umfeld zu reißen, entscheiden sich viele, die Pflege zu Hause selbst zu übernehmen. Vor allem für Berufstätige ist es dann schwierig, Job, Pflege und Privatleben unter einen Hut zu kriegen. Hier kann die Familienpflegezeit helfen. Was das ist, wer einen Anspruch darauf hat und was es zu beachten gilt, weiß Dirk Görgen, Pflegeexperte der DKV.

Was ist die Familienpflegezeit?
Die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland steigt und rund 80 Prozent von ihnen werden zu Hause versorgt – meist durch Angehörige. Vor allem für Berufstätige ist das oft nicht einfach. Mit der sogenannten Familienpflegezeit bietet der Gesetzgeber eine Unterstützungsmöglichkeit für pflegende Angehörige, mit der sie die Möglichkeit haben, ihre Arbeitszeit auf bis zu 15 Stunden pro Woche zu reduzieren. „Die verkürzte Arbeitszeit bezieht sich dabei auf den Jahresdurchschnitt“, erläutert Dirk Görgen, Pflegeexperte der DKV. „Mit dem sogenannten Blockmodell können sich Berufstätige die Zeit nach Rücksprache mit dem Arbeitgeber so einteilen, dass sie zu den Bedürfnissen des Pflegebedürftigen passt. „Insgesamt ist das maximal für zwei Jahre möglich. Entsprechend der reduzierten Arbeitszeit sinkt auch das Gehalt des Beschäftigten“, so Görgen.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Um die Familienpflegezeit zu beantragen, ist das Vorliegen eines Pflegegrads Voraussetzung. Die pflegende Person muss außerdem ein naher Angehöriger sein. Dazu gehören unter anderem Eltern, Großeltern, Stief- oder Schwiegereltern, Ehegatten, Lebenspartner, Partner in einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, Geschwister, Kinder oder Enkelkinder. „Darüber hinaus ist es entscheidend, dass die Pflege im häuslichen Umfeld – Ausnahmen gelten bei minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen – und durch einen Arbeitnehmer, Auszubildenden oder einen Heimarbeiter erfolgt“, erklärt der Pflegeexperte der DKV. Übrigens: Ein Anspruch auf Familienpflegezeit besteht grundsätzlich nur, wenn im Unternehmen mindestens 26 Mitarbeiter beschäftigt sind. „Es ist aber in jedem Fall sinnvoll, beim Arbeitgeber nachzufragen und das Gespräch zu suchen“, rät Görgen.

Wie Arbeitnehmer von der Familienpflegezeit profitieren können. Quelle: ERGO Group

Familienpflegezeit beantragen – so geht‘s
Um die Familienpflegezeit zu beantragen, müssen Arbeitnehmer laut § 2a Abs. 1 des Familienpflegezeitgesetzes (FPfZG) ihren Arbeitgeber mindestens acht Wochen vorher schriftlich darüber informieren und ihm die gewünschte Dauer und Arbeitszeit mitteilen. Der Arbeitgeber hat den Wünschen des Arbeitnehmers zu entsprechen, es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Die Parteien sollten die getroffene Vereinbarung schriftlich festhalten. Es ist außerdem mit Zustimmung des Arbeitgebers jederzeit möglich, auch während der laufenden Familienpflegezeit, die angegebene Dauer bis auf die maximalen zwei Jahre zu verlängern. Ein Musterformular für die Beantragung beim Arbeitgeber bietet beispielsweise die Website wege-zur-pflege.de des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Zinsloses Darlehen zur finanziellen Unterstützung
Während der Familienpflegezeit verdienen Arbeitnehmer weniger, müssen aber natürlich weiter ihre laufenden Kosten decken. Damit sie dann durch den geringeren Lohn nicht in finanzielle Schieflage geraten, haben sie Anspruch auf ein zinsloses Darlehen des Bundesamts für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA). „Im Rahmen der Förderung erhalten sie jeden Monat eine Rate in Höhe der halben Differenz zwischen dem alten und dem gekürzten monatlichen Nettogehalt“, so Görgen. Mit dem sogenannten Familienpflegezeit-Rechner des BAFzA können Arbeitnehmer herausfinden, wie hoch ihr Darlehen voraussichtlich ausfällt. Die Rückzahlung nach Beendigung der Freistellung erfolgt dann ebenfalls in monatlichen Raten. „Für die Beantragung beim BAFzA benötigen Arbeitnehmer ihre Entgeltbescheinigung, die Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit sowie die schriftliche Vereinbarung mit dem Arbeitgeber“, erklärt der Pflegeexperte der DKV. Ein Musterformular für die Antragsstellung steht ebenfalls auf der Website des BAFzA zur Verfügung.

Quelle: ERGO Group

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